Attacke!!!

Heute früh ritt mich der Schalk und so startete ich zum ersten Mal in so etwas wie ein Intervalltraining. Taktgeber sollte, wie gewohnt, meine Forerunner sein. Das Programm wurde schon vor längerer Zeit mal programmiert und, so dachte ich zumindest, sollte auf meine Bedürfnisse angepasst sein. Vorgaben waren: lockeres Einlaufen und dann 6 mal 400m Tempo (um die 4:59 /km) um dann eine Trabpause zu machen in der der Puls auf unter 75% Maximalpuls sinken sollte. So zumindest der Plan. Doch die Realität sah nicht ganz so schön aus wie auf dem Papier geplant:

Freitag früh, 5:55 Uhr: es geht los:

Lockeres Einlaufen also, ich drücke auf Start und trabe los. Langsam zieh ich auf meine gewohnte Strecke dahin. Es läuft gut, denn es ist noch schön kühl an diesem Morgen mit knapp über 10°. Fröhlich lächelnd grüße ich noch ein paar Nachbarn die sich mit einem zur Faust geballten Gesicht auf den Weg zur Arbeit machen.

5 1/2 Minuten später, ich bin am See, warm und starte das Programm. 400m Vollgas. Die Uhr piept mit den Vögeln um die Wette; „schneller!“. Also lauf ich ein bisschen schneller als gedacht. Aber es geht. Die Uhr piept immer noch. Also noch ein bisschen fixer. Sie hört aber nicht auf. Also aufs Display geschaut, was angesichts des wilden Herumgewackels nicht ganz einfach ist und mir außerdem die Sicht auf die vielen Wurzeln auf dem Uferwanderweg nimmt. „zu schnell“ steht da. Also Tempo wieder raus. Ich pendle so zwischen Pest und Cholera „zu schnell“ und „schneller“ fröhlich hin und her.

Wildes Gebimmel setzt ein, die 400m sind durch. Ich auch. Jetzt erst mal lockeres Traben um wieder runter zu kommen. Das soll ich noch 5mal machen? Schaffe ich nie. Und so trotte ich vor mich hin und genieße die morgendliche Landschaft. Ich schnaufe schon nicht mehr wie eine Dampflok und kann mittlerweile auch die Vögelchen wieder hören, die da gar fröhlich tirilieren. Moment, das war gar kein Vogel; „schneller!“. Mist, war gar kein Vogel, sondern die Uhr.

Ich hetzte den Wanderweg lang. Vorbei an Bäumen, den Vögeln und dem See. Ein einsames Reh guckt mich verständnislos an und läuft vor Schreck nicht mal weg. Die Uhr piept mittlerweile in einem anderen Ton.  „Tempo im gewünschten Bereich“. Arrgghh, wegen dieser Informationsgewinnung eben fast die Wurzel übersehen. Blöde Uhr. Die Quittung folgt prompt: „schneller!“. Ich springe über umgefallene Bäume und über Wurzeln wie ein junges Rehkitz und versuche es meiner Uhr recht zu machen. Das erhoffte wilde Gebimmel setzt ein und ich hab die zweiten 400m geschafft.

Die schlimmste Passage der Strecke kann ich nun gemütlich entlang traben. Da gibt es ein paar böse Stolpersteine und man muss ziemlich aufpassen. Es sind aber nur 260 Meter die ich mich erholen darf. Dann heißt es wieder „Tempo“ und „schneller!“.

Also weiter, ich habe mich meinem Schicksal ergeben. Habs ja selber so gewollt. Schon nach 150m kommt eine Schlüsselstelle. Mist, 20m Höhenversatz auf knapp 80m Streckenlänge verteilt. Eine Alternative ist die Strecke geradeaus weiter zu laufen und zu hoffen, dass es am nächsten Abzweig besser passen wird. Nicht bedacht habe ich dabei, dass genau dorthin ein Abschnitt mit wilden Holzansammlungen auf dem Weg installiert wurde um die schlimmsten Schlammlöcher angeblich besser passierbar zu machen. Echte Knüppeldämme quasi. Die Hölzer liegen da nun schon ein paar Jahre und sind in einem, sagen wir mal, desolaten Zustand. Und so Hüpf und spring ich zwischen Modderlöchern, wilden Ästen und den rudimentären Resten der Wegbefestigung herum und versuche dabei nicht wesentlich langsamer zu werden. Es klappt besser als gedacht, allerdings wohl eher nach dem Motto „datt Glück is mit die Doofen“.

Der zweite Abzweig kommt in Sichtweite und ich bin immer noch mit hohem Tempo unterwegs. Mist, was nun. Doch die errettende Melodie der Uhr deutet mir an, dass ich wieder langsamer werden darf. Und genau das werde ich, denn dieser Anstieg hier ist noch steiler als der Vorherige und schlängelt sich nicht gutmütig mit 25% Steigung den Hang hoch, sondern besteht aus einer in den groben Lehm des eiszeitlichen Hangs geschlagenen Treppe, welche nur mit groben Holzbalken daran gehindert wird sich in eine durchgehende Rutschbahn zu verwandeln. Das Ganze Quer zum Hang, was dann bei etwa um die 80% Steigung herauskommt. Die Erholungspause wird zur Herausforderung, denn der Puls steigt weiter ins Unendliche statt auf Erholungsniveau zu sinken. Bei der Geschwindigkeit ist es genau anders herum. So zieht sich diese Trabpause auf mehr als 4 1/2 Minuten hin.

Oben angekommen und den asphaltierten Radweg erreicht, treibt mich die Uhr dann aber gleich wieder an. „Tempo“ ist angesagt. Leicht bergab geht es einigermaßen. Gut kann ich nicht behaupten, dafür fühlte ich mich noch viel zu ausgelaugt. Aber es geht. Pünktlich zum Ende des nächsten kleineren Anstiegs sind die 400m wieder vorbei. Na super.

Der Erholungstrab bergab, nicht so viel langsamer als die vorhergehende „Tempoeinheit“, ist dann auch pünktlich auf der Sohle der Senke wieder vorbei. Ich kann nicht mehr, lauf aber trotzdem wieder was noch geht. Das fünfte Intervall muss mindestens noch durchgezogen werden. Die Uhr piept immer noch wie wild umher, wird jedoch von mir mittlerweile komplett ignoriert. Ich kann die Anzeige durch den Schleier aus Schweiß und vor Zittern eh nicht mehr entziffern. Vielleicht sollen dafür die unterschiedlichen Melodiefolgen sein. Leider hab ich mir noch nicht gemerkt, welche was andeuten soll. Aber ist mir im Augenblick eh egal. Stattdessen überlege ich mir, warum ich mich vorhin nicht einfach wieder umgedreht habe, als der Wecker klingelte.

Ich komme aus dem Wald heraus, gerade Strecke, das Dorf schon in Sichtweite. Ein flüchtiger Blick auf die Uhr meint irgendwas von noch knapp 90m. Auf dieser schnurgeraden Strecke mit regelmäßigen Pfosten an der Seite, kommt mir das unendlich lang vor. Doch auch das ist irgendwann geschafft. So wie ich auch. Der Erholungstrap wird schon so langsam, dass es Gehen ist. Doch das rächt sich sofort, denn der Puls fällt rapide ab und nach nur 48 Sekunden und 80m heißt es wieder „Tempo“.

„Na los, den letzten“ redete ich mir ein und laufe wieder los. Langsam wie noch nie, lief ich also wieder. Nicht mal das von der Langstrecke gewohnte Tempo hab ich drauf. So dachte ich zumindest (die spätere Auswertung zeigte ganz andere Werte). Mehr an Gedankenspielereien war nicht mehr drin. All die Vögelchen, die kleinen Feldmäuse am Wegesrand, die Blümchen, Bäume und der rosa Elefant mit den Luftballons waren mir egal. Ich wollt nur noch ins Bett. Aber das Elend war pünktlich bei Erreichen des Ortseinganges vorbei. Gott sei Dank muss ich nicht im Angesicht der tratschenden Nachbarschaft mit vor Anstrengung verzehrtem Gesicht durch den Ort rennen. Ich trotte so viel lieber gemütlich nach Hause und lege mein Lächeln wieder auf. Daheim falle ich K.o. auf die Couch und Wecke mit Gebrüll den Nachwuchs. Geschafft. Alle sechs Intervalle. Tschaka!

Morgen ist nun erst mal Ausspannen angesagt (mir eh die liebsten Trainingseinheiten), denn da bin ich in Sachen #LiMV unterwegs.

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1 Response to "Attacke!!!"

  • Lauchi says: